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Perfekte Vagina

FOCUS
01/2005

von Evelyn Hauenstein
Fotos: Tiaden, Küsters / beide Focus-Magazin, Zefa

Immer mehr Frauen legen sich für anatomisch ideale Geschlechtsorgane auf den OP-Tisch

„Vor der OP war es mir peinlich, in die Sauna zu gehen“, erzählt Jasmine P.* Die Kosmetikerin aus Hessen legte sich unters Messer eines plastischen Chirurgen – nicht etwa weil sie ihren Busen zu klein fand oder ihre Oberschenkel zu fett. Die 35-Jährige hielt einen Körperteil für missraten, den Menschen auf der Straße üblicherweise nicht sehen können: ihre Schamlippen.

Botox spritzen, Nase korrigieren, Brüste vergrößern oder Fett absaugen – all das gehört längst zum Alltag der Schönheitschirurgen. Nun entdecken die Operateure ein weiteres Betätigungsfeld. Immer mehr Frauen lassen sich ihre Genitalien verschönern – ein neuer Trend aus den USA, der auch in Deutschland erste Kundinnen findet.

Rund 20 Patientinnen pro Monat operiere er im Intimbereich, sagt Stefan Gress, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie in München: „Die Nachfrage steigt enorm. “ Mit dem Laserskalpell verkleinert er zu groß geratene Schamlippen oder die Klitoris, mit Kanülen saugt er Fett aus zu kräftig ausgeprägten Schamhügeln ab. Der Preis: ab 2000 Euro. „Idealerweise sollten Venushügel und Schamlippen so straff und symmetrisch aussehen wie bei einem jungen Mädchen“, meint der smarte Operateur. Frauen mit zu großen Schamlippen seien häufig gehemmt, sich nackt zu zeigen, was zu Sexualstörungen führen könne.

Gelernt hat Gress sein Handwerk in den USA. Dort gehen Mediziner noch einen Schritt weiter. David Matlock aus dem kalifornischen Beverly Hills verspricht seinen Klientinnen die perfekte Vagina. Mit einem 8000 Dollar teuren Verfahren namens Laser Vaginal Rejuvenation verengt er den Muskelschlauch um den Vaginalkanal. Dadurch entsteht mehr Reibung beim Sex, was angeblich auch Frauen mehr Lust verschaffen soll. Über 2000 Patientinnen aus 20 Ländern lagen bereits auf seinem OP-Tisch. Matlock restauriert auch zerstörte Jungfernhäutchen oder pumpt den G-Punkt mit Kollageninjektionen auf – US-Magazine tauften ihn bereits den „Picasso der Vagina“.

Auch hierzulande führen Frauenärzte Vaginoplastiken durch – um beispielsweise Harninkontinenz zu beheben. Für eine luststeigernde Wirkung dieser Operation gibt es keine Beweise. „Die Vorstellung, dass mehr Reibung besseren Sex ergibt, ist zu mechanistisch“, meint Carolin Nestle-Krämling von der Arbeitsgemeinschaft für wiederherstellende Operationsverfahren in der Gynäkologie. Der Eingriff könne sogar gefährlich sein: „Überall, wo jemand schneidet, können Nerven zerstört werden. Das führt zu Narbenbildung und Empfindungsstörungen.“