Zum Inhalt springen

Die neue Orgasmus Sensation

Cosmopolitan
Ausgabe Juni 2008, Seiten 61-64

In Amerika wird sie als spektakulärer neuer Lust-Booster gefeiert, bei uns kennen sie Insider schon lange: Die G-Punkt-Injektion. Ein kleiner Pieks soll zum großen „O“ verhelfen.

Von Gerti Samel und Susann Campos

Eine Arztpraxis in Beverly Hills. Fünf Frauen sitzen bei Bagels und Creamcheese und lauschen gebannt den Worten eines gewissen Dr. David Matlock. Der bekannte Gynäkologe und Schönheitschirurg, spezialisiert auf Vaginalverjüngungen, Designer-Vaginas und brasilianisches Po-Lifting, erklärt gerade die Vor- und Nachteile seiner jüngsten Erfindung, der er G-Shot nennt. „Dies ist keine Botox-Party“ witzelt der 47-Jährige und nimmt das Modell einer Vagina aus Plexiglas in die Hand, „die Behandlung findet am anderen Ende des Spektrums statt.“

Wie recht er hat. Der Doktor bereitet seine Patientinnen auf eine Injektion der besonderen Art vor. Gleich wird er ihnen etwa eineinhalb Kubikzentimeter Kollagen in den G-Punkt einspritzen. „Beim letzten Mal hat er genau getroffen“, sagt Violet Estrada, eine 36-jährige Brünette mit dem Körper eines „Playmates“. Sie erhielt ihren ersten G-Shot vor vier Monaten. „Statt einem Orgasmus bekomme ich jetzt zwei oder drei“, erzählt sie. „Ich habe meinem Freund nichts davon erzählt, aber ihm gefällt was mit mir passiert.“ Eine andere Patientin, die unter dem Pseudonym Charlotte zitiert werden möchte (Ich kann meinen Namen nicht nennen, meine Familie würde sonst vollkommen ausrasten“), fügt noch hinzu: „Es kann sehr stimulierend wirken.“

Charlotte ist die Frau, die vor fast drei Jahren von Dr. Matlock den ersten G-Shot bekam. Da der Körper das Kollagen abbaut , hat sie seitdem alle vier Monate einen Termin für den nächsten Schuss. „Ich erinnere mich genau an das erste Mal“, sagt sie grinsend. „Ich setzte mich ins Auto und fuhr los. Dann kam ein Schlagloch….Oh Mann, es war total intensiv.“ Als sie Dr. Matlock vom nächsten Parkplatz aus anrief, weil sie es kaum noch aushielt, wusste er, dass er einen Treffer gelandet hatte.

Seither muss es in Los Angeles und Umgebung eine schnell wachsende Zahl dauererregter Frauen geben. Ihr auf doppelte Größe aufgespritzter G-Punkt lässt sie, glaubt man Schilderungen wie der Charlottes, bei jeder heftigen Bewegung aufstöhnen. Beim Spinning im Fitness-Studio, bei Yoga – und wenn man bedenkt, wie viele schlecht reparierte Straßen es in Amerika gibt….Dr. David Louis Matlock, der selbsternannte Feminist, rühmt den G-Shot als das Viagra für Frauen.

Für seine Erfindung lässt er sich gern feiern. In „Dr. 90210“ einer Reality-TV-Show über das Leben der Schönheitschirurgen von Beverly Hills, wird er beim Operieren von Vaginas und beim Aufspritzen von G-Punkten gezeigt. Als Neupatientin muss man ein halbes Jahr warten, um in seiner Praxis am Sunset Boulevard 9201 W einen Termin zu bekommen. Das G-Spot Tuning selbst ist schnell passiert. Es dauert weniger als 15 Minuten, der Pieks soll dank Lokalanästhesie schmerzfrei sein, und schon vier Stunden danach kann man wieder Sex haben. Eine „lunch-time procedure“, sagt Dr. Matlock. Kostenpunkt: 1850 Dollar. Sein patentiertes G-Shot-Kit inklusive Anleitungsvideo hat er inzwischen an 26 Ärzte in 14 US-Bundesstaaten verkauft, außerdem nach Kanada, Israel, Griechenland und sogar England. Es wäre einfach, sich über diesen weit entfernt agierenden Doktor und seine Patientinnen zu amüsieren. Klingt doch alles sehr nach überdrehtem Hollywood-Lifestyle. In Deutschland ist Dr. Matlock mit seinem Patent denn auch noch nicht gelandet. Aber bei uns gibt es Professor Dr. Stefan Gress, 45. Er ist ärztlicher Direktor des Munich Medical Center der Sensualmedics AG. Seine Praxis in einem exklusiven Shopping-Areal Münchens zeugt von erlesenem Geschmack.

Pastellfarben wie das Foyer ist das Qutfit der Assistentinnen, ein erfreulicher Anblick auch der Professor selbst. Im Gegensatz zu Dr. Matlock, der sich für so genial hält, dass man ihn klonen müsste, überrascht der deutsche Doktor mit einer unaufgeregten, natürlichen, einfühlsamen Art. Und plötzlich beginnt die Geschichte sich zu verändern. Sie rückt näher an uns heran, klingt nicht mehr verrückt und wird deutsch. Professor Gress ist Facharzt für ästhetische und plastische Chirurgie und verfügt über erstklassige Referenzen. Er lernte in Brasilien beim Guru der Schönheitschirurgie, Ivo Pitanguy, in den USA und operierte am Münchner Klinikum Recht der Isar Männer zu Frauen und Frauen zu Männern um. Geschlechtsumwandlungen, Intimchirurgie – das alles hat Professor Gress von der Pike auf gelernt.

Heute ist er als niedergelassener Arzt auf Korrekturen der Genitalregion spezialisiert, innen und außen. Was hat es nun mit dem G-Shot auf sich? Der Doktor lacht. „Das mach ich seit zehn Jahren inzwischen jeden Tag mindestens einmal.“ Stefan Gress hat sich als erster in Deutschland mit der sogenannten G-Punkt-Intensivierung befasst. Während die Ärzteschaft noch weltweit diskutierte, ob es diesen Hot-Spot überhaupt gibt, arbeitete er bereits an dessen Vergrößerung. „Für mich steht außer Frage, dass die Zone anatomisch nachweisbar ist, auch wenn sie nie Einzug in die medizinische Literatur gehalten hat.“ In seiner Broschüre über „Korrekturen der inneren Genitalregion“ seht es detailliert: Diese Region von der Größe einer Münze liegt etwa fünf Zentimeter vom Harnröhrenausgang entfernt an der Vorderseite der Vagina….Wird ihr Volumen erweitert, kann das zu einer beträchtlichen Steigerung der sexuellen Erregbarkeit führen und die Orgasmusfähigkeit verbessern…“ 1200 Euro kostet die vaginale Aufpolsterung bei Dr. Gress. Die Hyaluronsäure, die er spritzt, soll erst nach etwa einem Jahr abgebaut sein. Er bietet aber auch eine dauerhafte Version mit Eigenfett an. Die ist zwar tausend Euro teurer, im Vergleich aber günstiger, weil der Effekt zu 60 – 70 Prozent erhalten bleibt.

Für die 35-jährige Maria Bauer (Name geändert) stand gleich nach der ersten, reversiblen Injektion fest: „Beim nächsten Mal will ich es für immer.“ Nie wieder möchte sie auf den Effekt verzichten, der ihrem Liebesleben den entscheidenden Kick gegeben hat. Also entnahm ihr Dr. Gress aus dem Knie etwas Fett, das zentrifugiert und in den G-Punkt injiziert wurde. „Nicht, dass ich ein Problem gehabt hätte“, so die Patientin, „aber ich brauchte nun mal viel Stimulation, um zu Höhepunkt zu kommen, außerdem bin ich seit 15 Jahren mit meinem Partner zusammen. Jetzt haben wir wieder viel mehr Spaß im Bett. Ich komme schneller und will natürlich auch öfter. Wer weiß, ob wir sonst nicht früher oder später fremdgegangen wären.“ Der G-Shot als Booster fürs Beziehungsglück? Das klingt fast zu perfekt. Gibt es da wirklich keinen Haken?

„Sie werden keinen finden“, erklärt Prof. Gress lächelnd, „das sind alles tolle, selbstbewusste Frauen. Die sagen, ich will mehr Lust, Herr Doktor, tun sie etwas für mich.“ So war es auch bei Gina, 51, die für 40 durchgehen könnte, weil sie bei Dr. Gress regelmäßig „was machen“ lässt. Im Gesicht, am Busen, auch untenherum. „Da seh ich aus wie ein junges Mädchen“, berichtet sie stolz. Als sie von der G-Punkt-Intensivierung hörte, ließ sie sich sofort einen Termin geben. Und? „Na ja, das Gefühl beim Orgasmus ist intensiver.“ Spürt sie es auch wie jene Lady aus Beverly Hills, wenn sie über ein Schlagloch fährt? „ Um Himmels willen“, empört sich Gina, „diese Amis sind soo überdreht.“ Aber dann räumt sie ein: „Ehrlich gesagt, habe ich schon überlegt, ob ich nicht mal eine höhere Dosis ausprobiere.“