Labia Minora Repair,
Schamlippenrekonstruktion
Von Stefan Gress
Galt die Verkleinerung der inneren Schamlippen vor einigen Jahren noch als eher ungewöhnlich, steht sie heute im Behandlungsspektrum auf den Homepages der meisten Plastischen Chirurgen und in zunehmender Zahl auch der Gynäkologen.
Seit der Veröffentlichung der Technik der Composite Reduction Labiaplasty (Aesth Plast Surg (2013) 37:674-683) zur Verkleinerung der inneren Schamlippen, haben wir eine große Anzahl an Korrektureingriffen im Bereich der äußeren weiblichen Genitalregion durchgeführt, der Hauptanteil dabei Verkleinerungen der inneren Schamlippen bei ca. 3200 Frauen.
In der Entwicklung des Patientengutes im Laufe der Jahre fiel auf, dass die Anzahl der Revisionseingriffe, also der Korrekturengriffe bei fehlerhaften Erstoperationen anderswo, in der Praxis des Autors merklich anstieg und dort bis heute bereits 25% des Gesamtvolumens intimchirurgischer Operationen ausmachen mit zum Teil gravierenden ästhetischen und funktionellen Schäden. Die Gesamtzahl der rekonstruktiven Eingriffe nach misslungener primärer Verkleinerung der inneren Schamlippen von 2014 bis 2020 lag in der Praxis des Autors bei 702. Dabei stellt eine misslungene Primäroperation eine erhebliche Belastung für die betroffenen Patientinnen dar.
Die häufigste iatrogene Deformation ist die Überresektion der kleinen Schamlippen unterhalb der Klitoris (Segment III nach Gress)mit Belassung des Gewebeüberschusses im Bereich des Clitorismantels und darüber. Insbesondere in Kombination mit einer hervorstehenden Clitoris (Clitorisprotrusion), ergibt sie das Bild eines kleinen Penis, was betroffene Patientinnen in der Regel erheblich stört.
Zur Rekonstruktion der kleinen Schamlippen unterhalb der Clitoris stehen im Wesentlichen zwei Verfahren zur Verfügung: einmal die Rekonstruktion der inneren Schamlippen durch beidseitigen lateral prepuce- flaps (nach Alter) andererseits die Rekonstruktion durch vaginal- skin- advancement (nach Gress) sowie eine Kombination beider Verfahren auch mit Korrektur einer Clitorisprotrusion.
Hinzu kommt die Korrektur von Asymmetrien, Ausfransungen der Wundränder, Konturdefekten, Löchern, freiliegender Clitoris etc., deren Rekonstruktionen sich aus dem jeweiligen individuellen Bild ergibt.
Technik der Schamlippenrekonstruktion
Die Schamlippenkrekonstruktion durch beidseitige laterale prepuce flaps nützt einen Gewebeüberschuss cranial der Clitoris. Dazu wird ein proximal gestiltes Hautläppchen mit einer Länge von ca. 3 cm und 0,5 cm Breite lateral des Clitorisschaftes bis hin zum Ansatz der Schamlippe am Mons pubis umschnitten und dann 180 Grad nach unten rotiert und anschließend in den Defekt eingepasst. Bei fehlendem Hautüberschuss cranial der Clitoris ist die Rekonstruktion in dieser Weise nicht möglich. Es bleibt allein die Schamlipenrekonstruktion durch Vaginalhaut. Dabei erfolgt zunächst eine Spaltung der Haut an der Basis der ehemaligen Labia Minora über ihre gesamte Länge unterhalb der Clitoris bis zur posterior commisure. Danach wird medial die Vaginalhaut ca. 3 cm in den Introitus hinein abgelöst sowie lateral der Inzisionslinie die Haut etwas über den medialen Ansatz der Labia Majora. Zur Volumengabe und Stabilisierung der kleinen Schamlippe kann zusätzlich ein Gewebeblatt interponiert werden. Die so beidseits mobilisierte Haut wird zu einem Wall geformt, der dann durch intermittierende U- Nähte entlang der Basis des Walls gehalten und stabilisiert wird. Beide Verfahren können miteinander kombiniert werden, auch mit der Teilschritten der Composite Reduction Labiaplasty zur Korrektur einer Klitorisprotrusion, sofern erforderlich.
Andere Rekonstruktionen richten sich nach der Art der Deformation z.B. die Glättung ausgefranster Wundränder, Verschluss von Konturdefekten und Löchern, Abdeckung einer freiliegenden Klitoris, Resinsertion des Frenulums der Klitoris, Narbenrevisionen, Ausgleichen von Asymmetrien etc.. Die Ergebnisse waren funktionell und ästhetisch gut und zufriedenstellend und sind vor allem in Relation zur Ausgangssituation zu bewerten. Ein befriedigendes Ergebnis wie es bei einem gelungenen Primäreingriff zu erwarten gewesen wäre, ist bei sehr schweren Deformationen allerdings nicht häufig zu erreichen.
Verkleinerungen hypertropher innerer Schamlippen werden seit einigen Jahren weltweit in zunehmendem Maße (4-7) durchgeführt. Hypertrophe inneren Schamlippen können eine erhebliche Belastung für die betroffenen Frauen darstellen, sowohl psychisch als auch physisch. Die Entscheidung zu einer Schamlippenverkleinerung ist nicht immer schnell getroffen, oft entscheiden sich die Patientinnen erst nach langer Überlegung dafür. Die Erwartung an das neue Erscheinungsbild ist sehr hoch und Vorstellung über das Ergebnis meist sehr präzise. Umso enttäuschender ist es, wenn das Ergebnis deutlich von den Erwartungen abweicht und mehr noch, wenn Fehler in der Durchführung des Eingriffes erkennbar werden, mit nicht oder nur schwer korrigierbaren Schäden.
Paienten zur Schamlippenrekonstruktion
Von 2014 bis 2020 haben wir 702 Patientinnen operiert, die sich andernorts einer Verkleinerung der inneren Schamlippen unterzogen hatten und mit einer postoperativen iatrogenen Deformation bei uns eine Korrektur ersuchten. Die Schamlippenrekonstruktion erfolgte durchschnittlich 1,8 Jahre nach dem Ersteingriff der primären Schamlippenreduktionsplastik. Am längsten lag der Ersteingriff 25 Jahre zurück, am kürzesten 4 Monate. In nahezu der Hälfte der Fälle war eine Korrektur nicht ausreichend. Zweit- oder Mehrfachkorrekturen mussten in 47% der Fälle durchgeführt werden.
Das Ausmaß der funktionellen und psychischen Beeinträchtigungen wurde durch persönliche Befragungen anhand eines Fragebogens erfasst und dokumentiert.
Dabei gaben 98% der Patientinnen an, durch das unschöne Erscheinungsbild, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, psychisch beeinträchtigt zu sein. Funktionelle Beeinträchtigungen bestanden in 77% der Fälle.
Als psychische Belastung wurde jeder empfundene Grad der psychischen Beeinträchtigung bewertet, von sehr leichter bis sehr starker Beeinträchtigung. In 14% der Fälle benötigten die betroffenen Frauen aufgrund der misslungenen Erstoperation sogar professionelle Hilfe durch einen Psychologen oder Psychiater (severe cases). Dabei waren 84 % der befragten Patientinnen bereits vor dem Ersteingriff durch das unschöne ästhetische Erscheinungsbild ihrer Schamlippen psychisch und in ihrer sexuellen Entfaltung zu einem bestimmten Grad beeinträchtigt, was sich durch die misslungene Erstoperation noch verstärkte.
Als funktionelle Störungen wurde jede Art körperliche Beeinträchtigung unterschiedlichen Maßes erfasst. Es bestanden in den meisten Fällen (76%) Schmerzen oder Irritationen bei Sexualverkehr oder bei anderen mechanischen Belastungen, z.B. bei Sport, Radfahren etc. Rezidivierende Vaginosen durch Verschlussunfähigkeit der Vagina traten bei 22% der Befragten auf, Gefühlseinschränkungen in 7% der Fälle, darunter gaben 3 Patientinnen an, seit der Labienkorrektur durch Gefühlsverlust der Clitoris orgasmusunfähig zu sein. Eine störende und unkontrollierbare Ablenkung des Urinstrahles als Folge der Erstoperation bestand in 41% der Fälle.
Die Rekonstruktion der Schamlippen hatte einerseits eine Linderung oder gar eine Beseitigung der funktionellen Beschwerden zum Ziel, andererseits sollte ein möglichst optimales ästhetisches Erscheinungsbild wiederhergestellt werden. Nach Möglichkeit gemäß den Erwartungen an das Resultat vor der Primäroperation. Eine Standardtechnik gab es nicht, weil jedes Bild der iatrogenen Deformation anders war und eine hohe Variationsbreite aufwies. Allerdings zeigte sich eine Häufung der Fehler mit daraus resultierenden wiederkehrenden Deformationen:
1. Überresektion der kleinen Schamlippen unterhalb der Clitoris
Dies stellte die häufigste iatrogene Deformation dar (63% der Fälle). Die Überresektion der kleinen Schamlippen unterhalb der Clitroris (Segment III nach Gress, Fig. 11) mit zu starker Kürzung bis hin zur Amputation der Schamlippen hinterlässt einen frei liegenden Vaginaleingang. Grund für diese Deformation ist die meist Angst vor Verletzungen sensibler Nerven, weshalb der Gewebeüberschuss im Bereich der Clitoris und cranial davon belassen (Segment 1&2 nach Gress) wird.Dadurch entsteht das Bild eines „kleines Penis“, was durch eine gleichzeitige Clitorisprotrusion noch verstärkt wird.
Für die Rekonstruktion der kleinen Schamlippen im Segment unterhalb der Clitoris stehen je nach Situation im Wesentlichen zwei Verfahren zur Verfügung,:
Der Lateral Prepuce Flap nach Alter oder die Rekonstruktion nach Gress, mit dem Vaginal Skin Advancement sowie die Kombination beider Verfahren.
Der Lateral Prepuce Flap kommt in Frage, wenn noch eine Schamlippenhypertrophie, also Gewebeüberschuss cranial der Clitoris und des Clitorismantels (clitoral hood) besteht: Dabei wird eine Hautinzision ca. 3- 4 mm lateral der Mittellinie über dem Clitorisschaft bis zum Ansatz der kleinen Schamlippen an den Schamhügel reichend gemacht, die dort wieder nach unten umkehrt und in der Umschlagsfalte zur Labia Majora bis hin auf die Höhe der Clitoris verläuft. Je nach anatomischer Situation kann somit ein Läppchen unterschiedlicher Länge und Breite umschnitten werden, was dann ca. 30- 35 mm lang und 6- 8 mm breit ist. Das Läppchen ist proximal gestielt und wird nach seiner Hebung um 180 Grad nach unten gedreht und in den Defekt eingepasst. Es sollte ausreichend Subcutangewebe belassen bleiben, um die Durchblutung des Läppchens, welches über keinen axial definierten Gefäßstil verfügt, also nach random pattern versorgt wird, zu gewährleisten. Andererseits darf es nicht zu tief gehoben werden, um die sensible nervale Versorgung der Clitoris über die Nn. dorsales clitorides nicht zu gefährden. Die Stärke des Stiels ist eine wichtige Entscheidung. Nach unserer Erfahrung sollte er mindestens 10 mm breit sein, um keine Durchblutungsstörung zu erhalten, vor allem weil das Läppchen nach seiner Hebung um 180 Grad gedreht werden muss, was eine erhebliche Einschränkung seiner Durchblutung bedeuten kann. Andererseits wenn die Lappenbasis zu dick ist, hat das Läppchen nicht genug Mobilität und kann nicht in den Defekt rotiert werden. Der Wundverschluss erfolgt subcutan mit 5-0 Vicryl Nähten, cutan mit 6-0 Monocryl in überwändlicher Technik und in fortlaufender U- Naht entlang des Labienkammes im Segment unterhalb der Clitoris, um eine möglichst glatte Kontur zu erzielen.
Die Rekonstruktion der Labia Minora durch Vaginal skin advancement ist die einzig verbleibende Option, wenn nicht ausreichend Haut im cranialen Labiensegment, also im Bereich des prepuce zur Verfügung steht (sei es durch eine Voroperation oder anlagebedingt), die Bildung eines Läppchens ermöglichen würde. Dazu wird zunächst die meist fransige oder unregelmäßige Kontur des noch bestehenden Schamlippensaumes (sofern vorhanden) geglättet und im Anschluss eine Hautinzision entlang der durch die Voroperation entstandenen Narbe beidseits lateral des Vaginaleinganges gemacht. Mit der Präparierschere wird dann nach medial die Vaginalhaut ca. 3 bis 4 cm hinein in die Vagina abgelöst, nach lateral bis etwas über den Ansatz der Labia Majora hinaus. Beide so mobilisierten Hautblätter werden dann durch Zug zu einem Wall aufgerichtet. Im Unterschied zur vorangehenden Beschreibung dieses Verfahrens, heben wir heute meist zusätzlich ein dünnes, an seiner Basis gestieltes Blatt bestehend aus der Faszie des M. bulbospongiosus und umliegendem Bindegewebe, welches zur Verstärkung des Labienwalls zwischen die mobilisierten Hautblätter gelegt wird. Es hat sich gezeigt, dass die Verstärkung durch zusätzliches Gewebe der Schrumpfungstendenz der gebildeten Schamlippen entgegenwirkt. Um den Labienwall aufgerichtet zu stabilisieren, werden entlang seiner Basis in kurzer Folge durchgreifende U-Nähte der Stärke 4-0 Vicryl eingebracht. Der Labienkamm wird mit 6-0 Monocryl Nähten als fortlaufende U-Naht verschlossen. Essentiell für den Behandlungserfolg ist die postoperative Einlage einer Kompresse zwischen die inneren Schamlippen für mindestens 4 Wochen. Dies ist nötig, um den Labienwall weiterhin zu stabilisieren und in aufrechter Position zu halten, um eine erneute Abflachung einerseits und dem Verlust der aufrechten Position der neuen Schamlippe entgegenzuwirken.
Beide Verfahren lassen sich gut kombinieren. Auch kann eine hervorstehende Clitoris (Clitorisprotrusion), die oft das Bild des „kleinen Penis verstärkt“, in diesen beiden Rekonstruktionsverfahren mit eingebunden werden. Dazu wird ein rautenförmiges Hautsegment unterhalb der Clitoris entnommen. Durch Vereinigung der Wundränder wird die Clitoris dann in seitlicher und frontaler Ebene abgesenkt, analog dieses Teilschrittes der Composite Reduction Labiaplasty.
2. Asymetrie
Kleinere Asymmetrien wurden durch Kürzung der größeren Gegenseite ausgeglichen, bei stärkeren Asymmetrien wurde der Aufbau der zu stark gekürzten Seite durch Vaginal Advancement oder durch einen Lateral Prepuce Flap durchgeführt.
3. Ausfransung der Wundränder
Das ist ein sehr häufiges Bild , das vor allem durch eine falsche Nahttechnik entsteht, vor allem wenn zu dicke Fäden in fortlaufender Technik zum Verschluss des Labienkammes eingebracht wurden. Waren die Ausfransungen nicht zu tief, wurden sie über eine lineare Exzision entlang des Labienkammes geglättet. Tiefe Furchen hingegen mussten einzeln aufgetrennt und mit 6-0 Monocryl- Einzelknopfnähten verschlossen werden. Um eine wellige Schamlippenkontur zu vermeiden, wurde der Wundverschluss, also die Vereinigung des inneren und äußeren Blattes der Schamlippe unterhalb der Clitoris mit einer 6-0 Monocryl fortlaufenden U- Naht verschlossen. Diese Nahttechnik empfielt sich generell für diesen Bereich, da sie einen glatten Konturverlauf der Schamlippe ergibt.
4. Konturdefekte und Löcher
Diese wurden häufig nach der Keilexzision (wedge resection) nach Alter zur Verkleinerung der inneren Schamlippen gesehen, wenn der Wundverschluss unter Spannung erfolgte. Die Korrektur bestand in der Exzision des Defektes mit dreischichtigem Verschluss durch 5-0 Vicrly Nähte subcutan und 6-0 Monocryl cutan.
6. freiliegende Clitoris
Bei Überresektion des Clitoral-hood kann es zu einem Freiliegen der Clitoris kommen, was manchmal zu einer Reizung oder Überempfindlichkeit führt. Wenn möglich sollte versucht werden, durch umliegende Schamlippenhaut eine zumindest teilweise Bedeckung der Clitoris wiederherzustellen.
Von den Insgesamt 702 Patientinnen führten wir die Rekonstruktion der inneren Schamlippen durch den lateral prepuce flap in 192 Fällen durch, das vaginal skin advancement bei 226 Patientinnen. In 271 Fällen wurden beide Verfahren kombiniert. Asymmetrien wurden in 87 Fällen korrigiert, Konturdefekte, Löcher und Glättungen ausgefranster Wundränder in 106 Fällen. Konturkorrekturen des Clitoral hood und Bedeckungen einer freiliegenden Clitoris erfolgte in 35 Fällen. Zusätzlich führten wir in weiteren 56 Fällen kleinere, hier nicht weiter zu spezifizierende Korrektureingriffen durch. Oftmals kamen mehrere der o.g. Korrektureingriffe bei einer Patientin zum Einsatz.
In Nahezu allen Fällen wurde der Eingriff in örtlicher Betäubung in ambulanter Führung durchgeführt, in wenigen Fällen in Vollnarkose. Wir verwendeten immer ein High- frequency unit zur Hautinzision und Hautresektion, kein Skalpell. Der Wundverschluss erfolgte mit 4.0 oder 5.0 Vicrylnähten subcutan, der Hautverschuss mit 6.0 Monocryl in unterschiedlicher Technik. Antbiose, Schmerzmedikation wurde in der Mehrzahl der Fälle oral verabreicht. Postoperativ wurden die Patientinnen regelmäßig nachkontrolliert. Der Verband bestand in einer ausgefalteten, angefeuchteten Kompresse, die 14 Tage lange zwischen den Schamlippen getragen werden musste. Im Falle einer Labienrekonstruktion wurde diese Kompresse 4 Wochen getragen, um den neu gebildeten Labienwall so lange wie möglich zu stabilisieren. In den meisten Fällen war zusätzlich eine Druckbehandlung der Schamlippen nach 2 Wochen über einen Zeitraum eines Monats verordnet worden. Dieser Druck wurde auf die Schamlippen zweimal täglich mit der Spitze des Zeigefingers und des Daumens auf die korrigierte oder rekonstruierte Schamlippe ausgeübt, um den Abfluss der Gewebeschwellung vorzubeugen und eine möglichst optimale Narbenheilung zu erzielen.
Hauttransplantate zur Labienrekonstruktion wurden nicht gemacht, da sie gefühllos bleiben und ein anderes Hautkolorit aufweisen, was ästhetisch nicht vorteilhaft ist.
Ergebnisse der Schamlippenrekonstruktion
Die Bewertung des Resultates wurde allein durch die Patientin 6 Monate nach abgeschlossener Behandlung durch einen anonnymisietren Fragebogen getroffen. Bei insgesamt 702 Rekonstruktionen und Korrekturen der inneren Schamlippen wurde der Fragebogen in 544 Fällen vollständig ausgefüllt an uns zurückgesandt. Dabei wurde die Zufriedenheit der Patientin mit dem erreichten Operationsergebnis erfasst sowie die Beurteilung der Verbesserung des ästhetischen und des funktionellen Ergebnisses.
Als häufigste Komplikation infolge des Rekonstruktionseingriffes sind Wundheilungsstörungen zu nennen, sie traten in 37% der Fälle auf (z.B. korrekturbedürftige Wunddehiszenzen, Unregelmäßigkeiten der Schamlippenkontur). Hautnekrosen vor allem durch die Rekonstruktion der inneren Schamlippen durch den Lateral Prepuce Flap oder durch das Vaginal Skin Advancement traten in 7% der Fälle ein. Darunter fielen auch oberflächliche Hautnekrosen v.a. infolge venöser Stauungen, wobei sich die Haut anschließend wieder regenerierte. Zu vollständigen Lappennekrosen kam es in 12 Fällen bei Schamlippenrekonstruktion durch den Lateral Prepuce Flap. Infektionen oder eine Verschlechterung der sexuellen Stimulierbarkeit gab es in keinem Fall. Weitere Korrekturen durch Zweit- oder Mehrfacheingriffe waren in 43% der Fälle nötig.
Die Entwicklung bestehender psychischer und funktioneller Störungen wurde auf die Situation nach dem Ersteingriff bezogen und nicht auf die Zeit davor, auch wenn diese Beeinträchtigungen in der Mehrzahl der Fälle bereits vor dem Ersteingriff bestanden. Die überwiegende Mehrzahl der Patientinnen (64%) gaben eine deutliche Verbesserung des psychischen Belastung nach der Schamlippenrekonstruktion an, in 23% war die Verbesserung nur geringfügig. Gleichbleibend im Vergleich zur Ausgangssituation war die psychische Situation bei 6%, gar eine Verschlechterung trat in 7% der Fällen ein.
In 40% der Fälle waren durch die Korrektur des Erstergebnisses funktionelle Beschwerden vollständig beseitigt, in 43% ergab sich zumindest eine deutliche Verbesserung. Eine Zunahme funktioneller Beschwerden ergab sich in keinem Fall (0%), ein Gleichbleiben der Situation zeigte sich bei 17 %.
Die Zufriedenheit mit dem erreichten Gesamtergebnis im Vergleich zur Ausgangssituation vor dem Ersteingriff lag bei 4,6 von maximal 10 Punkten. Das erreichte Ergebnis in Bezug auf die Situation durch die infolge der Erstoperation entstandenen Schädigung lag die Gesamtzufriedenheit bei 7,1 Punkten.
Diskussion der Ergebnisse und Techniken zur Schamlippenrekonstruktion
Der weit größte Anteil von Revisionseingriffen in unserer Praxis nach einer primären Schamlippenverkleinerung geht auf iatrogene Deformationen zurück. Grund dafür ist eine falsche oder unpassende Operationstechnik, eine unpräzise oder gar sorglose Durchführung des Eingriffes infolge mangelnder Erfahrung, die Unterschätzung des Operationsumfanges oder eine geringe Sachkenntnis vor allem in anatomischem Detailwissen. Das Bild der Deformationen ist dabei sehr unterschiedlich und reicht von einer leicht zu korrigierenden Unregelmäßigkeit bis hin zur völligen Verstümmelung. Oft ist die Rekonstruktion ist sehr schwierig, meist reicht ein Korrektureingriff nicht aus.
Es ist den modernen Medien und der Durchschlagskraft des Internets zuzuschreiben, dass Trends und Entwicklungen in der Medizin sich heute weiter und schneller verbreiten, als früher, so auch die Kenntnis um die Möglichkeiten der Intimchirurgie.
Die Tatsache, dass zumindest in unserer westlichen Welt immer mehr Kollegen Eingriffe im Bereich der weiblichen Intimchirurgie durchführen, ist für betroffene Frauen einerseits eine positive Tatsache, auf der anderen Seite wiederum erscheint eine optimale chirurgische Behandlung nicht in jedem Fall gegeben. Mit diesem vergleichsweise sprunghaften Start der Intimchirurgie in den operativen Alltag des Plastischen Chirurgen geht aber ein gefährliches Manko einher: es fehlt an Ausbildung, Standards und Erfahrung. Die Chirurgie der Nase oder der weiblichen Brust beispielsweise hat sich über viele Jahrzehnte entwickelt, wird an den großen Häusern gelehrt und ist seit Anbeginn auf Kongressen und Fortbildungen zentrales Thema. Anders ist es mit der Intimchirurgie. Sie wird weder gelehrt und wenn überhaupt, erhält sie auf Kongressen den allerletzten Themenslot. Da man aber gerne an diesem wachsenden Markt partizipiert, operiert man auch ohne Ausbildung, nach Gutdünken und eigenem Ermessen, ohne Richtlinien, ohne chirurgische Erfahrung mit oft entsprechenden Ergebnissen. Dabei gäbe es zumindest eine Auswahl an veröffentlichten Operationstechniken an die man sich halten könnte.
Die Deutsche Gynäkologische Fachgesellschaft selbst warnte bereits vor intimchirurgischen Eingriffen und bezeichnet Eingriffe an den Schamlippen als obsolet (22), in der Schweiz wurde sogar auf politscher Ebene diskutiert, sie ganz zu verbieten.
Ein Verbot aber ist nicht der richtige Weg, dürfen dilettantisch und fehlerhaft durchgeführte Operationen nicht als Bewertungsgrundlage einer chirurgischen Behandlung gelten und sich dem medizinischen Fortschritt entgegenstellen. Vielmehr ist ein Umdenken hin zu einem respektvolleren und professionelleren Umgang mit der Intimchirurgie nötig, so wie mit jedem anderen chirurgischen Verfahren auch, verbunden mit zumindest der Möglichkeit einer Kenntniserweiterung auf dem Weg zum Plastischen Chirurgen, beinhaltend die Lehre über spezielle anatomische Kenntnisse und operative Techniken mit Indikation, Möglichkeiten und Risiken.
Insbesondere aus Unkenntnis anatomischer Details verbunden mit der Angst Gefühlsstörungen zu hinterlassen, resultiert die häufigste iatrogene Deformation einer Schamlippenverkleinerung, die wir in unserer Praxis sehen: Das Bild des „kleinen Penis“.
Es zeigt sich in einer Überresektion der kleinen Schamlippen unterhalb der Klitoris, mit belassenem Gewebeüberschuss im Bereich des Klitorismantels und cranial der Klitoris. Besteht zusätzlich eine Klitorisprotrusion, also ein Hervorstehen der Glans clitoridis, wird dieses Bild noch verstärkt. Diese Deformation belastet betroffene Frauen sehr. Dies wäre vermeidbar durch die richtige Operationstechnik, die die Gesamtheit der inneren Schamlippen adressiert gerade auch in Bezug auf Größe und Stellung der Klitoris, z.B. durch die Technik der Composite Reduction Plasty.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass im Rahmen der Primäroperation kleinere Nachkorrekturen anfallen. Insbesondere die Genitalregion ist durch die mechanische Reibung durch Gehen oder Sitzen erheblich belastet. Eine Ruhigstellung des Operationsgebietes ist nicht wirklich möglich. Vor allem Wundheilungsstörungen sind daher nicht selten. Dennoch können viele Komplikationen im Vorfeld vermieden werden: eine exakte Markierung der Inzisionslinien vor Einspritzen des Lokalanästhetikums verhindert größere Asymmetrien. Mit Verwendung eines Hochfrequenz- Radiochirurgiegerätes ist eine präzise Schnittführung möglich, die ein Skalpell oder eine Schere kaum erreichen kann. Die Verwendung der richtigen Nähte und der richtigen Nahttechnik verhindert die Ausbildung den einer zerfransten Labienkontur. Zudem tragen klare Vorgaben für Verhalten und Pflege in der postoperativen Phase, z.B. Vermeiden von Reibung (z.B. Geschlechtsverkehr, Joggen, Radfahren) zu einem komplikationslosen Heilungsverlauf bei.
Die Bewertungen des Resultates einer Rekonstruktion ist speziell, da das endgültige Ergebnis einmal in Relation zur Ausgangssituation und den Erwartungen an das Ergebnis vor dem Primäreingriff gesehen werden muss und zudem im Verhältnis zum Schweregrad der iatrogenen Schädigung.
Einerseits ist die Freude über eine Verbesserung der Situation groß, auf der anderen Seite schwingt in der Bewertung die Enttäuschung mit, wenn es letztlich doch nicht möglich war das Resultat zu erzielen, wie es vor der Erstoperation gewünscht war. Das trifft vor allem auf das äußere Erscheinungsbild zu. Das zeigt sich in der Bewertung der Ergebnisse, die im Vergleich zu einer Primäroperation in Beurteilung der allgemeinen Patientenzufriedenheit in Relation zur Ausganssituation vor dem Ersteingriff mit 4.6 Punkten deutlich schlechter ausfiel, als z.B. bei der Bewertung der Primäreingriffe der Composite Reduction Labiaplasty: Hier lag die Bewertung des Gesamtergebnisses auch in Hinblick auf das erreichte ästhestische Bild bei durchschnittlich 9.4 auf einer Skala von 0 – 10 Punkten.
Die Beseitigung funktioneller Beeinträchtigungen in 40% Fälle hingegen ist sehr erfreulich, zusätzlich konnte in 43% der Fälle zumindest eine Linderung oder Verbesserung erzielt werden. Dies und ein letztlich doch akzeptables ästhetisches Ergebnis mag dazu beigetragen haben, dass am Ende die Bewertung des Gesamtergebnisses bezogen auf die Schwere der Deformation mit 7,1 von 10 Punkten doch als sehr zufriedenstellend eingestuft werden kann.
Zusamenfassung
Die weibliche Intimchirurgie, vor allem die Schamlipenverkleinerung, hat ihren festen Platz im Behandlungsspektrum in vielen Praxen und Zentren der Plastischen Chirurgie durch eine steigende Nachfrage in unserer westlichen Welt erobert. Aber auch für diese Eingriffe sollte der Anspruch an eine bestmögliche medizinische und chirurgische Behandlung gelten, wie für jede andere Operation auch. Die traurige Tatsache steigender Zahlen mit schlechten Ergebnissen und Verstümmelungen bedarf dringend eines Umdenkens und Handelns: Die Einführung operativer Standards verbunden zumindest mit der optionalen Aufnahme dieses Teilgebietes in die Ausbildung zum Plastischen Chirurgen. Die Rekonstruktion von Verstümmelungen, z.B. völlig amputierter innerer Schamlippen, ist nicht einfach und führt in vielen Fällen oft nur zu einem Kompromissresultat. Daher ist der Vereidung von Fehlern mit einer sachgerechten Primäroperation oberste Priorität einzuräumen.
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